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Glutenfreien Sauerteig herstellen - MEIN Weg zum natürlichen Triebmittel aus Mehl und Wasser

Aktualisiert: 4. Juli 2021

Ich backe seit gut zwei Jahren mit Sauerteig. In dieser Zeit habe ich viel dazugelernt. Herstellung und Fütterung sind ganz und gar nicht mehr mit meinen Anfangsversuchen zu vergleichen. Damals ist mein Sauerteig zwischendurch auch mal in den Tiefkühler gewandert, was sich nicht unbedingt positiv auf seine Triebfähigkeit ausgewirkt hat. Heute bin ich ich Besitzerin eines sehr aktiven Sauerteigs aus Buchweizen- und rotem Quinoamehl. Mit der Verwendung von Sauerteig habe ich mich auch für einen anderen Zugang zum Brotbacken entschieden. Ich schenke meinem Brot mehr Zeit, Aufmerksamkeit und Beobachtung. Die Belohnung dafür sind wunderbar geschmackvolle Brote, die obendrein besser verträglich sind.

Bevor ich euch mit auf die Reise nehme, nenne ich meine aktuellen Quellen:

 

Ich konnte zu Beginn mit den verschiedenen Begriffen rund um das Thema Sauerteig wenig anfangen - deshalb als Einstieg die Erklärung der wichtigsten Begriffe (laut dem Glossar - Brotbackbuch Nr. 4 - Backen mit Sauerteig):

  • SAUERTEIG ist ein traditionelles Triebmittel für Brotteige, das aus Mehl, Wasser und den im Mehl natürlicherweise vorhandenen Mikroorganismen entsteht.

  • ANSTELLGUT (ASG), STARTER, LEVAIN ist ein gelagerter, triebfähiger Sauerteig, der zum Ansetzen eines neuen Brotsauerteiges verwendet wird.

  • FÜTTERN, AUFFRISCHEN, AKTIVIEREN bedeutet, dass der gekühlte Sauerteig aus dem Kühlschrank genommen und ein bestimmter Teil davon mit Mehl und Wasser vermischt wird. Dieser Ansatz vermehrt innerhalb weniger Stunden sein Volumen, bildet Blasen und ist dann bereit für das Ansetzen eines neuen Brotteiges. Je nach Rezept kann aber auch kalter, nicht aufgefrischter Sauerteig aus dem Kühlschrank verwendet werden.

 

Beim Füttern kommt ein Teil des alten ASGs in ein frisches Glas, es folgen Mehl und Flüssigkeit. Alles wird gut miteinander verrührt. Die Konsistenz ist breiig.

 

Ich stelle euch hier MEINE Variante der Sauerteigherstellung und -fütterung vor. Es liegt auf der Hand, dass beim Thema Sauerteig viele Wege zum Ziel führen. Mein Sauerteig zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:

  • ER IST WEICH. "Bäckerlateinisch" ausgedrückt hat er eine Teigausbeute (TA) von 200. Auf 100 g Mehl kommen 100 g Wasser.

  • ER IST MILD, was bedeutet, dass er keine ausgeprägte Säurenote hat. Das kommt davon, dass ich ihn weich und warm führe (26 - 28 °C). Das begünstigt die wilden Hefen und bremst die Milchsäurebakterien.

  • ER IST WANDLUNGSFÄHIG. Mein Sauerteig lässt sich ohne Probleme auf andere Mehle "umzüchten" und verträgt sich auch bestens mit Fertigmehlmischungen (z. B. beim Rezept Ciabattini).

  • ER IST DUNKEL, BIO, ZWEI- UND VOLLKORNIG. Buchweizen und roter Quinoa sorgen für die dunkle Farbe. Beide Körner kaufe ich in Bioqualität. Ich bin der Meinung, dass der Mix aus zwei Körnern mehr Geschmack bringt. Ich kaufe jeweils das ganze Korn und vermahle es frisch in meiner Getreidemühle.

  • ER IST SCHNELL. Das erreiche ich durch Zugabe von Hefewasser und Leitungswasser im Verhältnis 1:1, die warme Führung und die Verwendung frisch vermahlener Mehle. Das Prozedere der wöchentlichen Auffrischung oder das Ansetzen eines neuen Brotsauerteiges dauert ca. 3 Stunden. Zeit, Führungstemperatur und Anstellgutmenge sind die Stellschrauben, mit denen ich den Sauerteigcharakter je nach Rezept verändern kann.

  • ER IST ANSPRUCHSLOS und lebt in einem dicht verschlossenen Schraubglas im Kühlschrank. Einmal in der Woche nehme ich ihn zum Auffrischen aus dem Kühlschrank. Das geschieht unabhängig davon, ob ich ein Sauerteigbrot backe oder nicht. Das hat den Vorteil, dass ich immer einen stabilen, aktiven Sauerteig einsatzbereit habe. Ein Nachteil/Nebeneffekt ist, dass durch diese Art der Sauerteigpflege immer "alter" Sauerteig übrig bleibt. Dafür gibt es allerdings unzählige Verwertungsmöglichkeiten (z. B. im Rezept Pane Sera). Ideal ist eine Sauerteig-/Anstellgutmenge von 50 bis 100 g.

 

Alternativen zur Quinoa: wenn ihr keinen Quinoa bzw. das Mehl daraus bekommen könnt, sind Teffmehl oder Vollkorn-Reismehl (wenn möglich ebenfalls bio und aus Italien) mögliche Alternativen. Ihr könnt auch nur Buchweizenmehl alleine verwenden.

 

Für den Start brauchst folgende Utensilien und Zutaten:

  • zwei Gläser mit Schraubdeckel mit ca. 400 ml Fassungsvermögen (in meinem Glas war ursprünglich Kokosöl)

  • einen Teelöffel (das Material spielt keine Rolle)

  • einen kleinen Schöpflöffel (meiner fasst ca. 25 ml, ideal zum Einwiegen der Flüssigkeiten ohne etwas zu Verschütten)

  • eine Waage

  • Styroporbox (meine hat einen Innenraum mit 17x17x17) und ein Glas mit heißem Wasser

  • Buchweizenmehl oder Buchweizen im ganzen in Bioqualität

  • Quinoamehl oder roter Quinoa in Bioqualität

  • Leitungswasser

  • Hefewasser

 

In zwei Tagen zum triebfähigen Sauerteig:

  1. Tag 0 - 20.00 Uhr - 1. Ansatz: 25 g Buchweizenmehl + 25 g Quinoamehl + 25 g Hefewasser + 25 g lauwarmes Leitungswasser (30°C) in das Glas einwiegen und gut miteinander vermischen. Die Konsistenz ist breiig. Das Glas offen in die Gärbox stellen. Ein Glas mit heißem Wasser dazustellen. Das sorgt für Wärme. Gärbox mit Deckel verschließen. 24 h Wartezeit. WICHTIG: wenn du deinen Sauerteigansatz offen stehen lässt, bitte den dazugehörigen Deckel auflegen.

  2. Tag 1 - 08.00 Uhr: nach 12 h zeigt das Mehl-Wasser-Gemisch schon eine leichte Blasenbildung. Die Oberfläche ist leicht nach oben gewölbt oder auch schon etwas eingefallen. Es ist Zeit, einmal durchzurühren, um neuen Sauerstoff ins Glas zu bringen. Für einen neuerlichen Wärmeschub das Glas wieder mit frischem heißen Wasser befüllen.

  3. Tag 1 - 20.00 Uhr - 2. Ansatz: zum 1. Ansatz (100 g) wieder 25 g Buchweizenmehl + 25 g Quinoamehl + 25 g Hefewasser + 25 g lauwarmes Wasser geben, vermischen. Wie oben beschrieben in die Gärbox stellen. 12 h Wartezeit.

  4. Tag 2 - 08.00 Uhr - 3. Ansatz: vom 2. Ansatz 50 g in ein neues Glas überführen und mit 25 g Buchweizenmehl + 25 g Quinoamehl + 25 g Hefewasser + 25 g lauwarmen Leitungswasser (30°C) mischen. Wie oben beschrieben in die Gärbox stellen. 12 h Wartezeit.

  5. Tag 2 - 20.00 Uhr: der Sauerteig ist nun triebfähig, ist aber noch ein Baby! Wenn die Oberfläche flach oder eingefallen ist, sollte er vor dem Verbacken noch einmal wie im 3. Ansatz gefüttert werden. Der ideale Zustand ist dann erreicht, wenn sich die Oberfläche mit Spannung nach oben wölbt.

 

So wird aus dem Baby ein Teenager:

  1. Damit sich im Sauerteig ein stabiles Gleichgewicht einstellt und eine optimale Triebfähigkeit erreicht wird, sollte der Sauerteig weitergefüttert werden. Vom 4. bis zum 8. Ansatz jeweils 50 g vom vorherigen Ansatz in ein frisches Glas geben und mit 25 g Buchweizenmehl + 25 g Quinoamehl + 25 g Hefewasser + 25 g lauwarmen Leitungswasser (30°C) mischen. Wie oben beschrieben in die Gärbox stellen, bis zur Verdopplung warten und die nächste Fütterung sofort anschließen.

  2. Ab dem 9. Ansatz wird es gemütlicher! Die Fütterungsintervalle werden auf eine Woche verlängert. Der Sauerteig wird nach der Fütterung in den Kühlschrank gestellt, um den mikrobiellen Stoffwechsel zu bremsen. Außerdem werden nur noch 20 g vom vorherigen Ansatz genommen und mit 25 g Buchweizenmehl + 25 g Quinoamehl + 25 g Hefewasser + 25 g lauwarmen Leitungswasser (30°C) gemischt. Wie oben beschrieben in die Gärbox stellen. Der Sauerteig ist dann reif für den Kühlschrank, wenn er um ca. die Hälfte seines Ausgangsvolumens zugenommen hat und die Teigoberfläche leicht gewölbt ist (junge Reife). WICHTIG: Im Kühlschrank muss das Sauerteigglas immer dicht verschlossen sein. Das verhindert die Kontamination durch andere Mikroorganismen, die im Kühlschrank vorhanden sind.

 

Der Sauerteig ist erwachsen! Für gute Backergebnisse braucht es Timing!

  1. Nach ca. 10 Wochen ist der Sauerteig bei regelmäßiger Pflege erwachsen und überlebensfähig. Einmal in der Woche muss er wie unter Punkt 2 (Teenager) beschrieben gefüttert werden.

  2. Für eine optimale Triebfähigkeit ist es notwendig, den Sauerteig zeitnah zum Backtag aufzufrischen.

 

Wenn ich ein Sauerteigbrot backen möchte, schaut mein Zeitplan normalerweise so aus:

  • Freitag Abend (18.00 Uhr) nehme ich das Anstellgut aus dem Kühlschrank und frische es auf. Nach 3 Stunden hat es eine junge Reife erreicht und kommt wieder zurück in den Kühlschrank, wo es bis zum Morgen noch etwas nachreift.

  • Samstag Morgen setze ich den Sauerteig laut Rezept an. Die Reife dauert normalerweise 3 - 4 Stunden. Zu Mittag kann ich den Hauptteig mischen.

 

Tag 0 - 20:00 - 1. Ansatz:

 

Tag 1 - 20:00 - so schaut der 1. Ansatz nach 24 h aus - mit der gleichen Ausstattung wie am Tag 0 geht es weiter:

 

Tag 2 - 08:00 - so schaut der 2. Ansatz nach 12 h aus - die Oberfläche ist leicht blasig und schon etwas eingefallen. Der Geruch ist mild-säuerlich. Das Volumen hat sich verdoppelt. In der seitlichen Ansicht ist die blasige Struktur gut erkennbar. Es ist fast geschafft - 50 g vom 2. Ansatz in ein frisches Glas geben. Mehl und Flüssigkeiten nach Anleitung zugeben. 12 h warm stellen.

 

Tag 2 - 20.00: die Oberfläche ist leicht blasig. Der Abriss am Rand und das sofortige Zusammensacken des Sauerteiges bei Erschütterung weisen auf Überreife hin. In diesem Zustand würde ich ihn nicht mehr verbacken, sondern ihn noch einmal auffrischen. Die ph-Wert-Messung ergibt einen Wert von 4,2 - ideal, um ungünstige Mikroorganismen und Schimmelpilze auszusperren.

 

Für diesen Beitrag habe ich die Sauerteigherstellung sozusagen live durchgespielt. Am Tag 2 wurde der Sauerteig am Abend im Kühlschrank geparkt. Ohne zusätzliche Auffrischung habe ich am Freitag Abend 80 g vom gekühlten Anstellgut genommen und den Sauerteig laut Brotrezept angesetzt. Das hat trotz des sehr jungen Alters bestens funktioniert. Entstanden ist dieses wunderbar aromatische Brot mit Nüssen, Saaten und Datteln.

Diese Krume ist der Wahnsinn!


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4.822 Ansichten2 Kommentare

2 Comments


Esther Preis
Esther Preis
Aug 21, 2021

hallo 🤗 erstmal ganz ganz gaaaanz vielen lieben Dank für diesen unglaublich ausführlichen Artikel und die viele Arbeit, die bestimmt mit diesem Beitrag verbunden waren! Wirklich, eine echt mega große Hilfe für so Einsteiger wie mich und ich möchte das nicht für selbstverständlich nehmen…also Daaaanke!!! :)

Ich hätte auch ein paar Fragen, und zwar hab ich nicht verstanden, was der Unterschied ist zwischen füttern und auffrischen…was genau mache ich beim Auffrischen und wieviel nehme ich von meinem Anstellgut?


Und in der Teenagerphase zu Punkt 2 heisst es, dass der Sauerteig nach der Fütterung in den Kühlschrank kommt aber im nächsten Satz ist von der Gärbox die Rede, da hab ich irgendwie den Ablauf nicht verstanden 🙈🙈🙈


Über Hilfe würde…


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Alexandra Wojna
Alexandra Wojna
Mar 15, 2023
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Liebe Esther, sorry für meine späte Antwort. Leider bekomme ich keine Info, wenn jemand einen Kommentar schreibt.


Zu deinen Fragen:

Füttern meint die wöchentliche Pflege deines Anstellgutes (auch wenn du nicht bäckst) und Auffrischen = Füttern mit der Intention zu backen. Für die wöchentliche Fütterung nimmst du 10 g Anstellgut und mischt es mit 20 g Mehl und 20 g Wasser. Beim Auffrischen machst du genau das Gleiche. Allerdings achtest du auf den Zeitpunkt und du musst die Mehl- und Wassermenge eventuell an dein Brotrezept anpassen. Angenommen, in deinem Rezept steht, dass du 60 g aufgefrischtes Anstellgut brauchst, solltest du ca. 75 g Anstellgut herstellen: 15 g altes ASG + 30 g Mehl + 30 g Wasser. 60 g verwendest…


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